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Abgefahren: Elektroautos, die sich selbst aufladen

14.8.2025
Lesedauer: 6 Minuten

Mit dem E-Auto lange Strecken zu fahren, ist dank moderner Akkus längst möglich – trotzdem müssen Fahrer:innen Zeit für Ladepausen einplanen. Aber wäre es nicht viel praktischer, wenn man während des Fahrens laden könnte? Induktives Laden, wie man es schon von Smartphones kennt, macht das möglich. Sind selbstladende Autos die Zukunft der E-Mobilität?

Induktives Laden bei E-Autos: Funktionsweise und Stand der Technologie

Beim induktiven Laden wird Strom kontaktlos per Magnetfeld zwischen einer im Boden verbauten Primärspule und einer Sekundärspule im Fahrzeug übertragen. Der Vorteil: Kein Kabel, kein Stecker – einfach über einer Ladefläche parken oder drüberfahren. Die Primärspule wird mit Wechselstrom versorgt, wodurch ein sich kontinuierlich veränderndes Magnetfeld entsteht. Dieses befindet sich beim statischen Laden in einer Ladeplatte, über der das E-Auto geparkt wird, oder beim dynamischen Laden unter dem Asphalt der Straße, über die der Stromer fährt.

Sobald sich ein E-Auto mit seiner Sekundärspule über der Ladeplatte befindet – im Stand oder während der Fahrt – wird in der Spule des Fahrzeugs Strom induziert. Dieser Wechselstrom wird im Auto in Gleichstrom umgewandelt und lädt die Batterie. Der Ladevorgang startet automatisch oder per Knopfdruck, sobald das System das Fahrzeug erkennt. Erste Pilotprojekte zeigen, dass sowohl statisches als auch dynamisches Laden technisch machbar ist. Noch ist der Wirkungsgrad geringer als beim kabelgebundenen Laden und die Infrastruktur muss erst aufgebaut werden. Doch Hersteller wie BMW, Stellantis oder Volvo testen aktiv, und auch im öffentlichen Nahverkehr gibt es bereits erste Anwendungen.

Wie funktioniert induktives Laden?

Elektromagnetische Induktionstechnik ist keine neue Erfindung. Der Brite Michael Faraday entdeckte bereits 1831, dass jede Stromleitung ein Magnetfeld erzeugt. Dieses wiederum produziert selbst Strom. Richtet man zwei Leitungen genau aus, kann die Energie durch die Luft übertragen werden, also völlig kabellos. Die Weiterentwicklung dieser Technik ist Ihnen sicher schon einmal begegnet, sei es bei der Elektrozahnbürste oder dem Induktionsherd. Jetzt hält die Induktionstechnik Einzug in die E-Mobilität.

Vor- und Nachteile des induktiven Ladens in der E-Mobilität

Induktives Laden gilt ohne Frage als zukunftsfähige Lösung für die Elektromobilität. Die Technologie verspricht Komfort, Automatisierung und neue Anwendungsmöglichkeiten. Gleichzeitig gibt es aber technische und infrastrukturelle Hürden, die den breiten Einsatz bislang einschränken. Hier ein Überblick über die aktuellen Pros und Contras der Ladetechnologie.

Vorteile

Komfort im Alltag

Kein Kabel, kein Stecker und kein umständliches Einstecken. Das Fahrzeug lädt automatisch, sobald es korrekt positioniert ist. 

Verlängerung der Reichweite

Wenn ein Fahrzeug während der Fahrt Energie bekommt, würde das Thema Reichweitenangst weitgehend der Vergangenheit angehören.

Kleinere Akkus

Durch das dynamische Laden würde es reichen, E-Autos mit kleineren Akkus auszustatten, da sie nicht mehr Unmengen an Energie speichern müssten. Das wäre umweltschonender, weil weniger natürliche Ressourcen dafür aufgewendet werden müssten. Noch ein Vorteil: Kleinere Batterien könnten den Preis der Fahrzeuge senken. 

Bidirektionales Laden

Das System erlaubt auch bidirektionales Laden – also die Rückspeisung von Strom ins Netz. Fahrzeuge könnten so als mobile Energiespeicher genutzt werden, etwa für die Eigenversorgung zu Hause oder zur Stabilisierung der Stromnetze.

Hoher Wirkungsgrad

Moderne induktive Ladesysteme für Elektroautos arbeiten inzwischen mit einer Effizienz von über 90 % – damit liegen sie nahe am Wirkungsgrad klassischer kabelgebundener Systeme.

Weniger Verschleiß

Da keine Stecker ein- und ausgesteckt werden müssen, entfallen typische Verschleißquellen wie Kontaktabnutzung oder defekte Ladekabel. Das kann langfristig auch Servicekosten reduzieren.

Nachteile

Technischer Aufwand und Infrastruktur 

Die Technik erfordert nicht nur eine spezielle Ausrüstung im Fahrzeug, sondern auch eine angepasste Infrastruktur. Straßen, Parkplätze oder Parkhäuser müssten erst mit dieser Technologie aufgerüstet werden, was aufwendig und kostenintensiv ist.

Exakte Positionierung notwendig

Die effiziente Energieübertragung erfordert eine präzise Ausrichtung der Spulen zwischen Fahrzeug und Boden. Beim stationären Laden ist daher ein genaues Parken notwendig. Eine weitere Anforderung ist es, die Ausrichtung des E-Autos auch während der Fahrt zu ermöglichen.

Begrenzte Ladeleistung

Die aktuell erreichbaren Ladeleistungen liegen meist bei 11 bis 22 kW – das reicht für herkömmliches Laden, wie man es von der eigenen Wallbox zu Hause oder öffentlichen AC-Ladestationen kennt.

Aktuelle Entwicklungen

Deutschland

Wenn es um induktives Laden von E-Autos geht, gehört Deutschland zu den führenden Ländern, die diese Technologie vorantreiben. Eine der wichtigsten Firmen im Bereich des statischen Ladens ist Mahle aus Stuttgart. Der Konzern hat im vergangenen Jahr ein sich noch in Entwicklung befindendes Verfahren präsentiert, das Autos präzise über Induktionsplatten platziert. Das amerikanische Normungsinstitut SAE International hat diese Technologie zur globalen Standardlösung für kabelloses Laden bestimmt.

Auch beim ÖPNV wird in Deutschland induktives Laden bereits in Pilotprojekten eingesetzt. So etwa in der Versuchsreihe „emil“, die aktuell in Braunschweig läuft. Noch interessanter sind allerdings die induktionsbetriebenen „Smart Roads“, die es möglich machen, ein E-Auto während der Fahrt zu laden. Im Juni 2025 wurde im Rahmen des Pilotprojekts E|MPower testweise eine induktive Ladestrecke auf der A6 zwischen den Anschlussstellen Sulzbach-Rosenberg und Amberg-West in Betrieb genommen.

Europa

Schweden baut ebenfalls seit einigen Jahren induktive Straßen. So auch beim aktuellsten Projekt, einem 21 Kilometer langer Autobahnabschnitt auf der E20 südlich von Stockholm. Hier testet man parallel zwei Technologien: induktives dynamisches Laden und konduktives. Bei letzterem werden über einen mechanischen Kontakt mit einer Stromschiene im Asphalt E-Autos während der Fahrt mit Energie versorgt. Vorausgegangen war diesem Pilotprojekt unter anderem eine mittlerweile beendete Versuchsreihe auf der schwedischen Ferieninsel Gotland, bei der ein 1,6 Kilometer langer Straßenabschnitt das dynamische Laden ermöglichte. Die dort im Asphalt verbauten Spulen wurden von einer von Vattenfall gestellten 240 kW-Batterie betrieben, die hauptsächlich mit Solarenergie gespeist wurde. 

Auch Italien hat im Rahmen der „Arena del Futuro“ in der Lombardei ein induktives Ladeprojekt. Dabei handelt es sich bislang nur um eine abgesperrte Teststrecke nahe der A35 zwischen Brescia und Mailand. An diesem Projekt ist unter anderem der Stellantis-Konzern beteiligt. In Genua und Turin wiederum werden bereits seit mehr als zehn Jahren E-Busse während ihrer Parkzeit induktiv geladen.

Auf der französischen Autobahn A10 in der Nähe von Paris ist seit April 2025 auf gut 1,5 Kilometern induktives Laden im Rahmen des Projektes „Charge as you drive“ möglich. Eigens dafür wurden vier Fahrzeuge, ein Pkw, ein Transporter, ein Lkw und ein Reisebus, mit den notwendigen Empfängerspulen ausgestattet.

International

In Israel läuft seit 2023 ein Projekt, bei dem E-Busse während der Fahrt geladen werden. 1,6 Kilometer des Bus Rapid Transit (BRT) Netzes in Haifa sind bereits damit ausgestattet. Im selben Jahr wurden auch im Busdepot in Rosh HaAyin induktive Ladeplatten eingebaut. Dort können täglich 23 E-Busse statisch geladen werden.

Die Mobilitätsbranche sieht großes Potenzial in der kontaktlosen Energieübertragung, insbesondere im Hinblick auf das autonome Fahren. Für den zukünftigen Erfolg dieser Technologie ist es entscheidend, dass nicht nur das Fahren, sondern auch das Laden ohne menschliches Zutun erfolgt. Busse, Lkws und Pkws müssen sich dann, da sie sich nicht selbst per Kabel anschließen können, eigenständig mit Energie versorgen – sei es statisch oder dynamisch.

Fazit: Dem kabellosen Laden gehört die Zukunft

Ob im Stand oder unterwegs: Induktives Laden könnte den Alltag mit E-Autos spürbar erleichtern. Die Technik verspricht nicht nur mehr Komfort, sondern könnte auch ein entscheidender Baustein für das autonome Fahren und das bidirektionale Laden werden. Erste Pilotprojekte in Deutschland und weltweit zeigen, welches Potenzial in der kontaktlosen Energieübertragung steckt. Klar ist aber auch: Bis zur flächendeckenden Umsetzung gibt es noch einiges zu tun.

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